Derzeit befindet sich der Fußverkehrsanteil in Bremen am untersten Level (21%), weniger geht nicht. Und das liegt daran, dass die Bedingungen für den Fußverkehr in Bremen sehr schlecht sind.
Um auf die zahlreichen Mängel, an die sich alle gewöhnt haben, aufmerksam zu machen, hat der FUSS e.V. Ortsgruppe Bremen einen Fußverkehrs-Check in einem innenstadtnahen Stadtteil, in der Neustadt durchgeführt.
Die „entdeckten“ Mängel gibt es überall in der Stadt, beim Fußverkehrs-Check wurden lediglich 12 typische Mängel besprochen. Wichtig ist dem FUSS e.V., ein allgemeines Bewusstsein dafür zu schaffen, dass die Mobilitätsflächen für Menschen zu Fuß oder mit Rollstuhl systematisch schlecht bzw. unbenutzbar sind und dass dringender Handlungsbedarf besteht.
Wenn Volksvertreter*innen und die Presse bei den Fußverkehrs-Checks dabei sind, erhöht sich die Chance, dass sich etwas ändert.
Was sind nun also die Mängel, an die wir uns gewöhnt haben, sie als „normal“ empfinden? Hier nur einige Beispiele, die zeigen, dass es kein Wunder ist, dass so wenig gegangen wird in Bremen, Rollstuhlfahrer*innen und blinde Menschen im Straßenbild kaum zu sehen sind.
Beispiel 1: Keine gesicherte Querung über eine Hauptverkehrsstraße an stark frequentierter Stelle
Hier: Friedrich-Ebert-Straße
Dass Menschen an bestimmten Stellen gehäuft die Fahrbahn queren, obwohl das gefährlich ist, kann man an den Trampelpfaden in den Grünstreifen sehen. So auch an der vierspurigen Friedrich-Ebert-Straße mit Straßenbahn und Tempo 50, die die Neustadts-Wallanlagen durchquert.
Hier besteht hoher Querungsbedarf für Menschen zu Fuß und mit dem Fahrrad. Es wäre wunderbar, wenn sie ihren Weg gefahrloser durch die Anlagen auf der anderen Straßenseite fortsetzen könnten.
Hier müsste eine Lösung gefunden werden, die signalisiert, dass der fahrende Längsverkehr einen Park durchquert, er hier also zu „Gast“ ist. Optimal wäre eine Fahrbahneinengung und Hochpflasterung in voller Breite der Wallanlagen, verknüpft mit einer deutlichen Temporeduzierung für den Längsverkehr.
Beispiel 2: Bürgersteige in den Wohnstraßen als Fortbewegungsflächen meist unbrauchbar
Hier: Kantstraße
Überall in den innenstadtnahen Quartieren das gleiche Bild in den Wohnstraßen, wie hier in der Kantstraße: Am Zaun angeschlossene Fahrräder, aufgesetzt parkende Pkws. Mit Rollstuhl kommt man hier nicht durch, blinden Menschen bleibt der Stock in den Speichen der parkenden Fahrräder hängen, der Bordstein als Leitlinie ist überparkt.
Das Bewusstsein dafür, dass es sich bei den Bürgersteigen um die Verkehrswege der Fußgänger*innen handelt, ist offensichtlich abhanden gekommen, auch bei der Politik.
FUSS e.V. setzt sich in diesen schmalen Straßen für das einseitige Parken am Fahrbahnrand ein, für Pkw und Fahrräder. Auf jeden 10. Stellplatz im Parkstreifen sind mindestens 5 Fahrradbügel zu montieren. FUSS e.V. setzt sich desweiteren für ein Parkraummanagement ein, dass das illegale aufgesetzte Pkw-Parken systematisch unterbindet, durch Sanktionen, ergänzt durch bauliche Maßnahmen. Menschen, die zu Fuß oder mit dem Rollstuhl unterwegs sind, müssen auf den Bürgersteigen volle Bewegungsfreiheit haben und sich wohl und sicher fühlen!
Beispiel 3: Bürgersteige an den Hauptverkehrsstraßen – meist viel zu schmal
Hier: Friedrich-Ebert-Straße
Trotz der hohen Verkehrsbelastung und des entsprechenden Lärmpegels haben sich einige Einzelhändler an der Friedrich-Ebert-Straße gehalten, wie hier zwischen Gastfeldstraße und Lahnstraße. Das ist ein Glück für alle, die an dieser Straße wohnen. Aber das Gehen ist hier sehr unbequem, „Gänsemarsch“ ist angesagt.
Menschen auf dem Fahrrad fahren auf dem Bordsteinradweg sehr dicht an den Menschen zu Fuß vorbei, was für beide Verkehrsgruppen unbefriedigend und auch gefährlich ist.
FUSS e.V. setzt sich für mehr Platz auf dem Bürgersteig ein. Dem Radverkehr könnte jeweils eine Kfz-Fahrspur gewidmet werden, mit deutlicher optischer Abgrenzung gegenüber dem Kfz-Verkehr. Bei Tempolimit und freien, sicheren Bürgersteigen könnte das Gehen auch an dieser Hauptverkehrsstraße attraktiv werden. Einzelhändler wären die Profiteure einer verstärkten Laufkundschaft, das Obst und Gemüse wäre nicht so unmittelbar den Abgasen ausgesetzt…
Beispiel 4: Umgestaltung in einer Nebenstraße – so muss es laufen
Hier: Lahnstraße/Ecke Friedrich-Ebert-Straße
Ein Teilstück der Lahnstraße (von Friedrich-Ebert-Straße bis Bachstraße) ist im Jahr 2019 umgestaltet worden. Wo früher ein Radweg auf Gehwegniveau verlief, ist nun der Bürgersteig verbreitert worden. Das Fahrradsymbol auf der Fahrbahn weist auf die neue Verkehrsführung hin, gegen die Einbahnstraßenrichtung.
Der Autoverkehr wird im Einmündungsbereich durch eine schmale Verkehrsinsel vom entgegenkommenden Radverkehr getrennt gehalten. Im weiteren Verlauf der Straße wird ein verträgliches Miteinander von Auto- und Fahrradverkehr auf der Fahrbahn praktiziert, bei Geschwindigkeitsbegrenzung auf Tempo 30.
Dieses Teilstück der Lahnstraße ist ein gutes Beispiel dafür, wie die Verkehrsgestaltung in Erschließungs- und Wohnstraßen aussehen kann: Angemessen breite und glatte Bürgersteige für das Gehen, geordnetes Parken für Fahrräder und Pkws. Glatte und schmalere Fahrbahn für (fast) alles, was rollt, bei niedriger Geschwindigkeit.
Auf Gehwegen, die breit genug sind – wie hier in der Lahnstraße -, ist Außengastronomie erwünscht. Es sollte jedoch örtlich geregelt werden, dass für den Fußverkehr noch genügend Platz ist.
In dieser Straße hat die Stadt Bremen im Zuge des Projektes „Fahrrad-Modellquartier Neustadt“ gute Lösungen für Rad- und Fußverkehr umgesetzt.
Der 1. Fußverkehrs-Check in Bremen ist bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern gut angekommen. Auch die Presse hat positiv darauf reagiert.
Hoffen wir, dass sich unter der rot-grün-roten Regierung in Bremen für den Fußverkehr etwas ändert. Die FUSS e.V. – Ortsgruppe Bremen trägt ihren Teil dazu bei und will diese Checks auch in anderen Stadtteilen durchführen.
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