Das folgende Video wurde im Sommer 2015 gedreht, die Straßenszenen wurden an einem von der Initiative „Gleichberechtigte Nutzung der Biebricher Straße“ veranstalteten Informations-Nachmittag gedreht.
Wir von der Initiative waren an diesem Nachmittag recht erstaunt, wie – in die Ablehnung jeglicher Überlegung verbohrt – die Gruppe der „Wir wollen vor der Haustür parken“ auftrat, wirklich überrascht hat uns jedoch, dass unser Informations- und Gesprächsangebot auch kaum von denjenigen AnwohnerInnen genutzt wurde, die sich in vorherigen Gesprächen in kleinem Kreise durchaus an einer besseren Nutzung des Straßenraumes interessiert gezeigt hatten. Waren doch dabei noch eine ganze Reihe von Verbesserungsideen geäußert worden – sei es im Interesse der Sicherheit und der Entwicklung der vielen in der Straße lebenden Kinder, sei es mit Blick auf Barrierefreiheit oder sei es in einem eher übergreifenden Interesse, die Wohn- und Aufenthaltsqualität in dieser Wohnstraße zu verbessern. Und es waren durchaus auch Stimmen dabei gewesen, die einen eigenen Beitrag zu dem verantwortlichem Ressourcengebrauch im Hinblick auf die Klimaüberhitzung im Blick hatten.
Im Nachhinein ist uns deutlich geworden, wie einige der jede Überlegung strikt ablehnenden AnwohnerInnen von Anfang an mit Gerüchten, Fehlinformationen und gar persönlichen Anfeindungen über unsere Initiative agiert und so sehr frühzeitig ein „wir gegen die“ zu erzeugen vermocht hatten. Das Muster war ganz einfach: „Wer über Veränderung in der Straße nachdenkt, ist gegen Autos, wer gegen Autos ist, ist gegen uns und wer gegen uns ist, stört und wird ausgegrenzt“ aus dieser -oberflächlich gesehen – so guten Nachbarschaft.” So Manche und Mancher mochte sich dann in dieser Angelegenheit nicht mehr öffentlich zeigen.
Wir sind nun im Frühsommer 2017, eine Verbesserung der Sicherheit und der Aufenthaltsqualität in der Straße ist nicht erfolgt. Die ehemals regen nachbarschaftlichen Kontakte sind einem etwas lustlosen Nebeneinander gewichen, die – übrigens auch aus Sicht der Stadt – illegal abgestellten Autos sind weiterhin ein Sicherheitsrisiko für die meisten VerkehrsteilnehmerInnen, und das Schweigen zu dem von uns eröffneten Thema hält an.
Es gäbe Einiges mehr zu berichten über die beiden vergangenen Jahre: Wir als Initiative haben uns weiterentwickelt, wir haben mehrfach in den lokalen politischen Gremien vorgesprochen, wir haben die Überlastung und die Verbohrtheit der Ämter kennengelernt, wir haben das stille Einverständnis der für die Sicherheit Zuständigen gesehen, den aktuellen Zustand zu dulden, wir haben uns andere Städte angesehen und mit Menschen gesprochen, die ihrerseits Veränderungsprozesse angestoßen und zum Erfolg geführt haben. Zu all diesen Erfahrungen können wir zu einem anderen Zeitpunkt berichten.
Für heute seien zwei Ergebnisse unseres Lernens als Vorrangigste genannt:
Beim eigenen Auto hört das Denken bei vielen Menschen auf (bei manchen fängt es da sogar erst an), die autofaszinierte Prägung der satten Wachstumsjahre ist bei Vielen erschreckend dominant:
- Klimaüberhitzung durch CO2? Doch nicht wegen des Bisschen von mir!
- FußgängerInnen? Die passen doch überall durch!
- Öffentlicher Raum? Egal, Hauptsache mein Auto steht vor der Tür!
- Illegal abgestellt? Na, wird doch „geduldet“!
- Kinder? Müssen halt frühzeitig lernen, sich an den Verkehr anzupassen!
- Empathie mit Schwächeren? Ja, ja, aber doch nicht ausgerechnet hier und jetzt!
Mit den Anstrengungen seitens der Politik, das tagtägliche Fahrradfahren attraktiver zu machen, den öffentlichen Nahverkehr auszubauen, per Appell aufzurufen, auf unnötige Fahrten mit dem Auto zu Gunsten einer erhöhten Lebensqualität in den städtischen Räumen zu verzichten, mit Angeboten zur Mobilitätsberatung etc. wird nur derjenige Teil der Menschen erreicht, der sich eine gewisse Offenheit für gesellschaftliche Entwicklung bewahrt hat, sie pflegt und Freude daran hat, über die eigenen unmittelbaren Interessen hinaus zu denken und zu handeln.
Diejenigen, die sich im „es ist doch prima so, wie es ist“ gemütlich und gewohnt eingerichtet haben, brauchen eine politische Ansage. Sie brauchen die Ansage, dass der öffentliche Raum wertvoll für unser Zusammenleben, für Begegnung, für ernsthaftes nachbarschaftliches Miteinander ist. Bremen braucht eine flächendeckende Bewirtschaftung des Parkraumes sowohl im Innenstadtbereich als auch in den Stadteilzentren und Wohnquartieren. Und wir müssen uns darauf verlassen können, dass die unsägliche sogenannte „Duldung“ des illegalen Abstellens von Fahrzeugen einer konsequenten Überwachung des Verkehrsraumes weicht, die Verstöße benennt und angemessen ahndet. Für beides gibt es hervorragende Beispiele im benachbarten Ausland.
Im Rahmen unseres derzeitigen Schwerpunktes „Parkraumbewirtschaftung“ werden wir Beides weiter aufgreifen und ausführen. Für heute hier nur einmal ein kurzer Blick nach Graz:
Überwachungs-Zonen
135 MitarbeiterInnen kontrollieren im Auftrag der Stadt Graz die Einhaltung der Gebührenpflicht in den BLAUEN und GRÜNEN Zonen und sorgen somit dafür, dass Parkplatz suchende AutofahrerInnen Zeit und Geld sparen.
Nur organisierter und auch überwachter Parkraum sorgt für ein ausreichendes Parkplatzangebot auf öffentlichen Straßen.
Nur organisierter und auch überwachter Parkraum gewährt jenen Mobilitätsstandard, von dem WIR ALLE profitieren.
- Erhöhung der Verkehrssicherheit
- Flüssiger Verkehr
- Bequemes Parken
zu der nachbarschaftlichen Situation kann ich natürlich nicht viel sagen…
Ich kenne die Situation in der Neustadt auch nicht so gut, aber in Alt-Findorff (speziell das Carree zwischen Hemmstr., Findorffstr., Admiralstr., Eickedorfer Str.): dort ist die Situation wahrscheinlich vergleichbar und man stellt fest, dass es sowohl Wohnstraßen gibt, in denen (illegal, aber geduldet) aufgesetzt auf beiden Seiten geparkt wird als auch Wohnstraßen, wo die Gehwege frei bleiben und nur einseitig auf der Fahrbahn geparkt wird. Sehr spannend dürfte es sein, diese Unterschiede herauszuarbeiten.
Ich könnte mir vorstellen:
* Straßenbreite
* Bordsteinhöhe
* Gehwegmöblierung (Pfeiler, Blumenkübel)
* Fahrradparkplätze auf Fahrbahn
* etc.
Dabei gab es meines Wissens mal Zeitfenster, in denen solche Maßnahmen (Möblierung) genehmigt wurden, aber das geht jetzt wohl nicht mehr ohne weiteres.
Ausserdem wäre die Frage, ob die Bewohnen mit ihrer jeweiligen Straße (ein- oder zweiseitig geparkt) zufrieden sind oder ob diejenigen mit einseitigem Parken zwar von den freien Gehwegen profitieren, aber letztlich dann zum Parken auch in andere Straßen, wo zweiseitiges parken üblich ist, ausweichen und diese dann damit belasten.
Hallo Karsten,
wir haben uns ein wenig in Wohnstraßen in den dichter besiedelten Ortsteilen Bremens, die auch eine relativ hohe Dichte an KfZ-HalterInnen aufweisen ( Regens-burger Straße, Flüsseviertel, Buntentor, Fesenfeld, …) umgeschaut, wie denn das Parkverhalten ist. Dabei gelangen wir zu dem Schluss, dass dies wohl nichts/wenig mit den von dir vermuteten Größen zu tun hat, sonder sehr viel mehr mit den Nutzungswünschen und -gewohnheiten der BewohnerInnen im nahen Umfeld: es gibt Wohnstraßen mit ausreichend breiter Fahrbahn – dennoch werden die Autos (ordnungswidrig) beiderseits aufgesetzt abgestellt und schaffen erhebliche Barrieren auf den Gehwegen. Ebenso gibt es Wohnstraßen geringerer aber vergleichbarer Gehweg-, Straßen- und Fahrbahnbreiten, von denen manche (gem. StVO) einseitig am Randstein beparkt werden und von denen andere beiderseits aufgesetzt (illegal) beparkt werden- mit Behinderungen sowohl für Rettungsfahrzeuge auf der Fahrbahn, als auch mit Behinderungen und Gefährdungen für die Fußgänger.
Man vergleiche z. B. nur einmal miteinander:
=> die Sommerstraße in Findorff: Einbahnstraße, Gehwege je ca. 1,80 m, Fahrbahn ca. 5,3m, einseitig mit Pollern versehen, einseitig am Randstein beparkt
=> die Chemnitzer Straße in Findorff: Einbahnstraße, Gehwege je ca. 1,70 m, Fahrbahn ca. 5,3 m, keine Poller, einseitig am Randstein beparkt
=> die Herderstraße im Steintor: Einbahnstraße, Gehwege je ca. 1,75 m, Fahrbahn ca. 5,1 m, Poller nur an einem Ende der Straße, einseitig am Randstein beparkt
=> die Biebricher Straße in der Neustadt: Einbahnstraße, Gehwege je ca. 1,75 m, Fahrbahn ca. 5,3 m, beidseitig aufgesetzt abgestellte Autos.
=> u.v.m.
Ein Muster ist für uns daraus nicht erkennbar, der Vergleich wirft allerdings die Frage nach behördlicher (Gestaltungs-)Willkür auf.
Zu deiner weiteren Überlegung:
Nun, der “öffentliche Straßenraum” ist, wie der Name schon besagt öffentlicher Raum, also nutzbar für Alle. Und diese Nutzung beginnt zuallervorderst am Rande, dort, wo die BewohnerInnen -jung und alt- vom Grundstück auf den Gehweg treten. Hier sollen sich alle FußgängerInnen sicher bewegen können, hier sollen sie sich auch einmal im Gespräch aufhalten können, hier sollen Geheingeschränkte gut ausreichend Platz haben und hier sollen Kinder sichere Schritte in ein zunehmend selbstständiges Leben gehen können und hier sollen sie Fahrradfahren lernen. Dazu muß der öffentliche Raum “Gehweg” frei von illegal abgestellten Fahrzeugen sein. Um dies in solchen Stadtviertel wie den oben genannten zu erreichen, müssen wir Bewohner uns dafür einsetzen, dass die Anzahl der in den Wohnstraßen abgestellten Fahrzeuge insgesamt und in der Fläche verringert wird. Dies beinhaltet auch die eigenen Mobilitätsgewohnheiten. Das illegale Abstellen von Fahrzeugen muss mit empfindlichen Geldstrafen belegt werden, und die Inanspruchnahme eines Parkplatzes muss soviel kosten, dass zumindest die für Herstellung und Instandhaltung des Parkplatzes erforderlichen Kosten erbracht werden, ganz so wie wir es ja bereits seit Jahren aus vielen bei uns Deutschen beliebten Urlaubsländern kennen.