In diesem Monat hat Bremen einen weiteren Schritt hin zu einer Stadt gemacht, die an eine Fahrradstadt erinnert: Die schon so oft kritisierte „Fahrradstraße“ Parkallee wurde umgestaltet und ist eingefärbt worden.
Wer unseren Blog regelmäßig liest, weiß, dass diese Straße schon mehrere verkehrspolitische Experimente durchlitten hat. Sie mündet in den Kreisverkehr „Der Stern“, über den täglich bis zu 30.000 Kfz rollen. Jedes dieser Experimente hatte aber zum Inhalt, die Radwege auf beiden Seiten der Straße zu entfernen. Aber jeder Vorschlag stand unter heftiger Kritik von diversen Interessengruppen. In einem Stadtviertel mit einem hohen Anteil an AutobesitzerInnen, haben die BewohnerInnen seit langem immer wieder in zweiter Reihe geparkt – die Parkallee hat vier Fahrspuren.
Wenn wir uns die Geschichte der „Fahrradstraße“ Parkallee anschauen, so dürfen wir nicht vergessen, dass viele FahrradfahrerInnen anfangs gar kein großes Interesse an der Umwandlung der Parkallee in eine Fahrradstraße zeigten. Als die Radwege von der Behörde blockiert wurden, gab es Proteste, und die Blockaden wurden wieder abgebaut, gleichzeitig die Straße formal in eine Fahrradstraße (Schild, Piktogramme) umgewandelt. Von da an fuhr ein Teil der RadlerInnen auf der Fahrbahn, der andere Teil auf den Radwegen.
Hier ein Rückblick auf die Bremische Fahrradpolitik, die zu solchen Kuriositäten wie oben beschrieben führte: „Tatsächlich sind der Rückbau von Radwegen und die Führung des Rades auf der Fahrbahn ein Leitthema der heutigen Bremischen Fahrradpolitik. Mit einer Kampagne im Jahre 2014 sollten FahrradfahrerInnen sogar dazu ermuntert werden, eher die Fahrbahn statt des Radweges zu benutzen, mit dem Argument, das Fahren auf der Straße sei objektiv sicherer. Deswegen wurden gerade in den vergangenen Jahren Fahrradstraßen dort angeordnet, wo es alte Radwege gibt, die zu eng oder zu holperig sind. Aber die Aufgabe der Radwege hat oft dazu geführt, dass auf dem Fußweg geradelt wird, nämlich dort, wo einst der Radweg war. Und das wiederum führt zu Klagen der FußgängerInnen über „rücksichtslose“ FahrradfahrerInnen wie z.B. in der als vorbildlich angesehenen Fahrradstraße Humboldtstraße.“
Nun ist aber dieser Teil der Parkallee dazu ausersehen, eine Schlüsselstrecke in Bremens erster Radpremiumroute von der Uni in die Innenstadt darzustellen. Das heißt, es sollen möglichst viele FahrradfahrerInnen dazu ermuntert werden, diese Strecke zu nutzen, die Behörde sieht sich vor Erfolgszwang. Denn das Design der Parkallee nach Einrichtung der Fahrradstraße führte immer wieder zu gefährlichen Situationen auf der Fahrbahn, FahrradfahrerInnen wurden von hinten bedrängt, zu eng überholt, es hagelte Beschwerden.
Aus all diesen Erfahrungen heraus und unter ordentlichem Handlungsdruck hat sich die Behörde dazu durchgerungen, die Fahrspur auf der Fahrbahn auf unter 3 Meter zu verschmälern und diese Spur leuchtend-rot anzumalen. Allerdings darf diese rote Spur – traditionell die Farbe von Radwegen – auch vom Kfz-Durchgangsverkehr genutzt werden.
Wir haben einige Kurzinterviews mit RadlerInnen und AutofahrerInnen gemacht und es ist klar: Die FahrradfahrerInnen mögen das Design. Aber es gibt auch die Sorge davor, Autofahrer auf eine Strecke zu locken, die wie ein Radweg aussieht. Fahren sie jetzt tatsächlich langsamer und geduldiger? Oder wird es nur wenige Wochen dauern, bis die Kfz-LenkerInnen wieder im alten Trott sind und mit ihren gefährlichen Überholmanövern und der Drängelei anfangen?
Und was ist eigentlich mit dem Unterhalt der Strecke? Oberflächen, die für Radverkehr vorgesehen sind, nutzen sich ganz schnell ab, wenn viel Autoverkehr darüber fließt. Reicht das Geld, um die rote Farbe immer wieder zu erneuern?
Mit dieser Lösung sind wir an einem logischen Endpunkt angelangt. Die Behörde will die Verkehrsprobleme lösen, aber den Autoverkehr nicht wirklich stören. Der Durchgangsverkehr bleibt, die Parkplätze bleiben erhalten und werden sogar vermehrt (20 legale Parkplätze mehr!). Die FußgängerInnen haben breitere Gehwege.
Aber wenn es weiterhin Konflikte zwischen Auto und Rad gibt, sehen wir nur noch einen Weg: Den Durchgangsverkehr minimieren oder ganz aus dieser Straße rauswerfen.
Fazit:
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